DGBT Kampagne zur Patientensicherheit

Patientensicherheit: Wer darf was bei ästhetischen Behandlungen?

Der Markt für ästhetische Behandlungen boomt.
Minimal-invasive Verfahren wie Botulinum – und Fillerbehandlungen führen dabei die Statistiken bei Umfragen ärztlicher Fachgesellschaften an und werden vermehrt von Patienten angefragt.

Diese Behandlungen scheinen nicht so kompliziert zu sein und locken daher eine Reihe von Anwendern auf den Plan.
Der Patient wird von einer unübersehbaren Reihe von Angeboten „erschlagen“. Dabei führt auch die schwer überschau- und schwer kontrollierbare Werbung auf Online-Portalen und den Social media zu vermehrten Schwierigkeiten beim Zurechtfinden.

Tatsächlich gibt es derzeit klare Regeln, wer womit behandeln darf:
Nur approbierte Ärzte dürfen uneingeschränkt mit Fillern und Botulinum behandeln!

Wichtig ist es für die Patienten natürlich, einen Arzt mit guter Ausbildung zu finden.

Hier versucht die DGBT seit mehr als 10 Jahren durch standardisierte Schulungen ärztlicher Kollegen zu Botulinum und Fillern mit Hands-on Training für eine seriöse Ausbildung in ästhetischen Injektionsverfahren zu stehen.

Die Ärztelisten auf der DGBT Homepage sollen ratsuchenden Patienten bei der Therapeutensuche helfen.

Heilpraktikern ist das Spritzen von Fillern erlaubt, sie dürfen diese auch beziehen. Da die Heilpraktiker-Ausbildung aber alles andere als einheitlich und umfassend ist, stellt sich hier natürlich die Frage, wieviel Kenntnisse im Einzelfall vorhanden sind.

Und: Kosmetikerinnen dürfen keine Spritzen in die Hand nehmen, also weder Filler noch Botulinum injizieren.

Dass diese Regeln sehr oft gebrochen werden in ominösen Instituten, Kosmetikstudios bis hin zu Friseursalons, ist vielen ärztlichen Behandlern schon lange ein Dorn im Auge.
Die Komplikationen reichen von harmlosen ästhetischen und korrigierbaren Missgriffen bis hin zu bedrohlichen Infektionen und Gefäßkomplikationen. 2019 gab es erste Festnahmen von unausgebildeten Laienbehandlern wegen Körperverletzung nach Anzeigen von Geschädigten.
Diese Komplikationen lassen sich durch eine fundierte Ausbildung, solides anatomisches Wissen und korrekte, hygienische Injektionstechniken weitestgehend vermeiden. Jeder Anwender sollte aber auch kompetent und im Notfall rasch mit Nebenwirkungen umgehen können.

All dies ist nur Ärzten möglich, die sich entsprechend fortbilden und das Medikament Hyaluronidase im Kühlschrank bereithalten können, das bei schwerwiegenden Komplikationen eingesetzt werden kann.

Den meisten Patienten ist bestimmt nicht klar, dass derartige Risken bestehen.

Die DGBT möchte daher in einer Informationskampagne versuchen, das Bewusstsein der Patienten dahingehend zu wecken, dass Behandler über eine sehr unterschiedliche Qualifikation verfügen und sie sich durchaus Risiken aussetzen, wenn sie hier zu leichtgläubig Versprechungen und vermeintlich günstigen Angeboten folgen.

Qualifikation des Arztes – Facharzttitel

Vorsicht bei Beauty Doc und Co.!

Zum Schutz vor Irrführung von Patient*innen: Deutschlands große medizinische Fachgesellschaften für den ästhetischen Bereich fordern einheitliche gesetzliche Regelung für Fantasietitel

Bereits seit Jahren monieren Deutschlands große Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Filler- und Botulinumtherapie und ästhetische Laserbehandlung (DGÄPC, DGBT, GÄCD, VDÄPC, DDL) immer wieder den Umstand der Irreführung von Patient*innen durch den Gebrauch von selbst verliehenen Expertentiteln, die die Qualifikation eines staatlich verliehenen Facharzttitels vortäuschen sollen. Hierbei wird eine Gesetzeslücke genutzt, die zwar genau vorschreibt, welche staatlich verliehenen Facharzttitel genutzt werden dürfen, aber nicht definiert, welche so ähnlich klingenden Fantasietitel nicht genutzt werden dürfen.

„Zurzeit beobachten wir verstärkt, dass sich Ärzte direkt nach dem Universitätsstudium „Arzt/Ärztin für ästhetische Medizin“ oder „Arzt/Ärztin für Ästhetik“ usw. nennen. Ohne Weiterbildungszeit, qualifizierende Zertifizierungen und ohne Prüfung. Dasselbe Phänomen kann beobachtet werden bei Ärzten, die in der Vergangenheit in einem vollkommen anderen medizinischen Fach eine Facharztausbildung absolviert haben, nun aber auch ästhetisch-plastische Behandlungen und Operationen anbieten“, mahnt Dr. Helge Jens, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC).

Das können sie, weil diese selbstverliehenen Fantasietitel nicht im Facharztkatalog gelistet und somit nicht geschützt sind. Das Ziel ist bei Patient*innen den Eindruck zu erwecken, eine Art Facharzttitel für die eigene Vermarktung vorzutäuschen und somit eine Qualifikation für den ästhetischen Bereich dazustellen. Denn die meisten Patient*innen kennen die Feinheiten der genau geschützten und der ungeschützten Arzttitel nicht. „Als Fachärzte mit fundierter Ausbildung und fachspezifischen Kenntnissen, sehen wir die auf dem Markt gebräuchlichen Betitelungen für Ärzte, die gerne im ästhetisch-plastischen Bereich Fuß fassen würden, aber nicht über die notwendige Facharztausbildung verfügen, sehr kritisch“, so Dr. Michaela Montanari, Mitglied des Vorstands der DGÄPC und Referentin der DGBT.

In einem jüngsten Fall hat die Wettbewerbszentrale nun einen ersten bedeutenden Erfolg beim Landgericht Bochum erzielt. In dem noch laufenden Verfahren geht es um die Frage, ob ein Arzt, der nicht über eine Facharztausbildung verfügt, sich als „Arzt für ästhetische Eingriffe“ bezeichnen darf. Laut der Wettbewerbszentrale wurde dies als irreführend beanstandet, da die Bezeichnung von den angesprochenen Verbrauchern im Sinne einer Facharztbezeichnung für ästhetische Chirurgie verstanden wird.

„Die öffentlichen Mühlen mahlen langsam – das vorläufige Urteil aus Bochum ist ein erster und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zwischenzeitlich sehen wir uns im Schulterschluss mit allen Fachgesellschaften, die den ästhetischen Bereich zum Schwerpunkt haben, in der Pflicht Aufklärungsarbeit zum Schutz der Patienten zu betreiben“, so Prof. Peter Arne Gerber, Facharzt für Dermatologie und Präsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. (GÄCD).

Denn nicht nur im Gespräch mit den Patient*innen selbst ist die Wissenslücke sehr deutlich erkennbar, sondern auch Zahlen können dies belegen. So hat die DGÄPC Statistik ergeben, dass ganzen 52,8 Prozent der Befragten unter 30-Jährigen der Unterschied zwischen einem Facharzt/einer Fachärztin mit langjähriger, fundierter Ausbildung und einer Titelselbstvergabe wie „Schönheitschirurg*in“, „Beauty Doc“ und ähnlichem nicht bewusst ist.

Beauty Doc, Schönheitschirurg, Facharzt – wer darf was?

Als Fachärztin/Facharzt darf sich nur bezeichnen, wer eine mehrjährige Weiterbildung in einem bestimmten Gebiet absolviert hat und im Anschluss die dazugehörige Facharztprüfung bestanden hat. Für den Bereich der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie, der Dermatochirurgie und der ästhetischen Dermatologie gilt das für die Fachärztinnen für Plastische und Ästhetische Chirurgie und die Fachärzt*innen für Dermatologie. Zusätzlich gibt es für andere Fachbereiche noch die Möglichkeit einer Zusatzweiterbildung für „Plastische Operationen“. Hier können Fachärzte der Hals-Nasen-Ohren Heilkunde und der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in einer 24-monatigen Weiterbildung die konstruktiven und rekonstruktiven plastischen und ästhetischen operativen Eingriffe und nicht-operativen Verfahren zur Wiederherstellung und Verbesserung der Form, Funktion und Ästhetik in der Kopf-Hals-Region erlernen und im Anschluss die Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“ führen. Des Weiteren können, abhängig von der gewünschten Behandlungsregion, auch folgende Fachärzte für einen ästhetisch-chirurgischen Eingriff qualifiziert sein: Fachärzte*innen für Chirurgie mit dem Teilgebiet „Plastische Chirurgie“, Fachärzte*innen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Gynäkologie) für beispielsweise intimchirurgische Eingriffe.

„Beauty Docs, Experten für Ästhetische Medizin, Schönheitschirurgen und andere Fantasietitel sagen absolut nichts über die Qualifikation des behandelnden Arztes aus, erwecken aber bei den Patient*innen den Anschein, als hätten die Behandler in diesem Bereich besondere Fähigkeiten. Das ist nicht nur ethisch bedenklich, sondern kann unter Umständen für die Patienten auch gefährlich werden“, weiß Prof. Detlev Hebebrand, Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie.

Dass der Markt der ästhetischen Behandlungen in Deutschland zu den Wachstumsmärkten zählt, ist hierbei kein Geheimnis. Und viele, gerade auch jüngere Ärzt*innen lockt die vermeintliche Lukrativität der Ästhetischen Medizin direkt ins Berufsleben einzusteigen, ohne vorab eine Facharztausbildung absolviert zu haben. Dabei hat die Kreativität an Eigenbetitelung gerade im Ästhetischen Bereich kaum Grenzen – gepaart mit mangelnder Erfahrung, kann dies eine verheerende Mischung für die Patient*innen sein. „Bedauerlicherweise stellen sich bei uns in der Praxis immer häufiger Patient*innen vor, die mit einem Lasergerät nach nicht sachgemäßer Anwendung Verbrennungen davongetragen haben oder aber nach einer Fillerbehandlungen neben unschönen Ergebnissen auch schlimme Komplikationen vorweisen, die dringend behandelt werden müssen“, mahnt Dr. med. Konstantin Feise, 2. Vizepräsident der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft.

Aufklärung als gemeinsames Ziel

„Zum Wohle der Patientensicherheit im Rahmen von ästhetischen Behandlungen, möchten wir gemeinsam aktiv aufklären! Deshalb findet man künftig auf den Webseiten unserer Gesellschaften eine gemeinsame Checkliste, welche Facharztbetitelungen in der ästhetischen Medizin staatlich verliehene Qualitätssiegel sind und bei welchen Betitelungen man als Patient*in hellhörig werden sollte“, so der Facharzt für Dermatologie, Dr. med. Said Hilton, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Botulinum- und Fillertherapie.

So soll allen Patient*innen mit Behandlungswunsch im ästhetisch-plastischen Bereich die Möglichkeit gegeben werden, sich bereits vor Terminvereinbarung zu informieren. Des Weiteren streben die Fachgesellschaften eine Arbeitsgruppe an, um eine gesetzliche Regelung zum Schutz vor Irreführung zu erwirken.